Einführung

Eine Kultur von Tetrahymena kümmerte etwas vor sich hin. Es waren kaum noch beweglichen Individuen in dem Kulturglas zu finden. Nach dem Neuansatz solcher anscheinend toten Kulturen erlebt man gelegentlich Überraschungen. So entstand zum Beispiel der Eindruck, dass die vor wenigen Tagen neu angesetzte Kultur eben noch aktiv, jedoch einige Stunden später leblos erschien. So geschehen bei meiner heutigen Kontrolle meiner neu angesetzten Kultur. Ich sah sie mir in der Mittagspause an und sah viele quicklebendige Individuen. Ich nahm mir vor zu kontrollieren, ob es noch immer Tetrahymena sp. ist. Doch am Abend erschien die Kultur praktisch tot. Was war geschehen?

Synchron ablaufende Zell-Zyklen bei Ciliaten

Tetrahymena hat einen komplexen Zellzyklus und es gibt verschiedene Stadien hungernder oder gesättigter Individuen. Auch kann Tetrahymena zeitweilig Zysten bilden. So kann Tetrahymena Nahrungsmangel und schlechtere Umgebungsbedingungen in ephemeren Gewässern überstehen. Wenn sich die Bedingungen wieder verbessern, dann entstehen interessante Phänomene im Freiland, oder gesammelten Proben, die sich bei Tetrahymena besonders in der Kultur gut studieren lassen.

Gleich ob man eine Kultur neu ansetzt, oder die Probe aus der Natur eine Sukzession durchläuft, beobachtet man häufig das gleiche Phänomen bei Ciliaten: In der Regel starten wenige Individuen, die das verhältnismäßig große Kultur- oder Probenvolumen neu besiedeln werden. In der Folge werden nicht alle Individuen die neue Kultur gleichmäßig bevölkern, ein Teil stirbt ab, andere werden Opfer von Jägern. Einige wenige vermehren sich rasant, wenn die Bedingungen günstig sind.

Gelangen praktisch nur Zysten in einen Neuansatz, so werden diese fast zeitgleich die neuen Bedingungen annehmen und wieder in bewegliche Stadien übergehen, um umgehend nach Nahrung zu suchen. Beide Phänomene, die bevorstehenden Teilungen der wenigen Individuen oder der zeitgleiche Schlupf aus den Zysten, führt dazu, dass die wenigen Individuen ihrer biologischen Uhr folgend ihre Zellzyklen synchron durchlaufen werden. Dies führt dazu, dass man bei Tetrahymena den Eindruck gewinnen kann, dass eine eben noch aktive, neu angesetzte Kultur im nächsten Moment unbelebt erscheinen kann, weil sich alle Individuen, die sich hier in der Kultur gleichzeitig vermehren, auch nahezu gleichzeitig eine Ruhezyste bilden können. Doch wenn man mit dem Stemi aufmerksam hinsieht, dann findet man in der vermeintlich toten Kultur scharenweise kleine kugelige Gebilde zwischen Modder und Bakterien mit einem dotterartigen Fleck. Unter dem Mikroskop bei höherer Vergrößerung, hier mit einem Zeiss C-Apochromat 40x/1,2W (Wasserimmersionsobjektiv), sind diese als Zysten der Tetrahymena mit dem Zellkern in der Mitte zu identifizieren. Die Zysten dieser Tetrahymena Art haben im Gegensatz zu den lebenden Zellen eine interessante Struktur, die kleine ringförmige Strukturen zeigen. Ich vermute, dass es sich um Zellorganellen handelt, die im Zystenstadium anders aussehen, als bei den aktiven Individuen. Infrage kämen beispielsweise Mitochondrien, deren Struktur zwischen rundlich und wurstförmig variieren kann. Der Nachweis der Organellentypen mit speziellen Markern in den Zysten ist schwierig, da Fluorochrome durch die dichten Außensschichten der Zysten von Ciliaten nur schwer in das innere der Zelle gelangen können, sofern die Zelle nicht zuvor bereits gefärbt werden konnte. Hier sollen daher nur die Befunde im Hellfeld mit der schiefen Beleuchtung abgebildet werden.

 

 

Abbildung 1: Zwei Zysten und zwei lebende Zellen von Tetrahymena aus einer Kultur. a, c: Der Fokus des Mikroskops auf die Oberfläche zweier Zysten zeigt ringförmige Strukturen zwischen den Cilienreihen. b, d: Hier ist der Fokus gerichtet auf die in der jeweils selben Zyste (a,c) befindliche Zellmitte mit dem Macronucleus (Zellkern). e: Aktives Individuum mit dem charakteristischen Zellmund der Tetrahymena Arten. f: Aktives Individuum aus einem anderen Blickwinkel betrachtet.

 

Abbildung 2: Ausschnittsvergrößerung mit Fokus auf der Oberfläche einer Zyste aus Bild 1(a). Zwischen den Reihen der Basalkörper der Cilien sind kleine, mehr oder weniger regelmäßig ringförmige Strukturen sichtbar.

 

Literatur

  • Elliott, A. M. (Herausgeber), Biology of Tetrahymena. Dowden, Hutchinson & Ross. 1973.
  • Stone, G. E., & Cameron, I. L. (1964). Methods for using Tetrahymena in studies of the normal cell cycle. In Methods in Cell Biology (Vol. 1, pp. 127-140). Academic Press.
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