Teil 1: Die Reinigung

Einleitung

Diese Anleitung richtet sich insbesondere an Amateure unter den Mikroskopikern, die ihre Objektive selbst reinigen wollen und auch müssen.

Alle Teile der Serie:

  1. Teil 1: Die Reinigung
  2. Teil 2: Vorbereitung der Proben
  3. Teil 3: Hochaufgelöste Bilder mit schiefer Beleuchtung im Hellfeld (in Vorbereitung)

Der Gebrauch von Wasserimmersions-Objektiven erfordert die regelmäßige Reinigung. Um es vorweg zu nehmen: Es geht hier nicht nur um die Reinigung des Objektivs, sondern auch um das saubere Präparat. Für die Geräte in den wissenschaftlichen Instituten sind entsprechende Einweisungen in die speziellen Mikroskope erforderlich. Die Verwendung oder Reinigung der Optiken wird hier ausschließlich durch geschultes Fachpersonal vorgenommen. Die hier gegebene Anleitung darf als Orientierungspunkt für die Beobachtung mit dem Wasserimmersions-Objektiv dienen.

Abbildung: Die winzige Frontlinse eines Wasserimmersion-Objektivs Zeiss C-Apochromat 40x/1,2 W sitzt vorne in der mächtigen Metall-Fassung. Um Verschmutzungen zu überprüfen, blickt man zur Kontrolle mit einer Lupe flach über die Frontlinse gegen eine diffuse Lichtquelle, z.B. gegen den Tageshimmel durch ein Fenster. Die Linse erscheint nun gleichmäßig hell beleuchtet. Staubteilchen, Kratzer o.ä. würden sich nun als Schatten abheben. Perfekt gereinigt, wie hier zu sehen, sollte das Objektiv VOR und NACH der mikroskopischen Beobachtung aussehen.

Was ist ein Wasserimmersions-Objektiv?

Wasserimmersion-Objektive sind spezielle Objektive, welche optimiert sind für die Beobachtung von Proben in wässrigem Medium, etwa Zellkulturen, Planktonproben, Hefekulturen oder Proben von Pilzgewebe und frischen Schnitte von Pflanzengewebe, die idealerweise in Wasser präpariert werden sollen. Bei dieser Einbettung in Wasser oder der Entnahme von Proben in Fundortwasser tritt bei Trockenobjektiven oder Ölimmersionsoptiken ein optischer Fehler auf, den man sphärische Aberration nennt. Dabei werden die Lichtstrahlen beim Übergang von Luft in das Deckglas und anschließend im wässrigen Medium unterschiedlich gebrochen und abgelenkt, so dass man mit zunehmender Tiefe nur noch ein verschwommenes Bild erhält. Der Umstand wird behoben mit einem Trick: Man konstruiert und korrigiert das Objektiv derart, dass zwischen dem Deckglas und dem Objektiv ebenfalls Wasser benutzt wird. Man nennt dies auch Immersion mit Wasser. Diese geniale Idee wurde bereits um 1850 von Hartnack gedacht und mit den ersten Objektiven damals umgesetzt. Anstelle durch einen Luftspalt zu blicken, taucht das Objektiv in einen Tropfen destilliertem Wasser und die Lichtstrahlen verlaufen nun ausgehend vom Objektiv bis zum Objekt im Präparat so, wie sie auch in der Probe weiter verlaufen. Auf diese Weise wird der im Medium (nicht im Objektiv) auftretende optische Fehler behoben und man erhält auch in tieferen Schichten der Probe ein scharfes und farbreines Bild.

Typischerweise findet man diese Objektive an den Forschungsmikroskopen der biologischen Institute, insbesondere an den großen Konfokalmikroskopen, bei denen eine optimale Abbildung sowieso gefordert ist. Interessanterweise war offenbar die Protozoologie noch nicht soweit die Vorteile der Wasserimmersion auszusprechen, denn man findet hier in den Lehrbüchern oft noch immer die irreführende Empfehlung, dass man für Beobachtung mit hoher Auflösung eine Ölimmersion verwenden solle. Offenbar war zu gewissen Zeiten die Wasserimmersion nicht so verbreitet in dieser Disziplin, obwohl die großen Hersteller solche Objektive stets anboten. Moderne Objektive haben eine überragende Bildqualität und werden heute vor allem auch für die Konfokalmikroskopie und Super-Resolution Microscopy eingesetzt. Das macht sie zu den perfekten fotografischen Objektiven für Planktonbeobachtungen oder Pflanzenschnitte, die in Wasser eingelegt werden. Einige spezialisierte Amateur-Mikroskopiker in meinem Bekannten- und Freundeskreis setzen jedoch schon lange auf die Wasserimmersion. Wasserimmersions-Objektive erfüllen höchste Anforderungen in der Fotografie der Organismen des Planktons.

Arten von Verschmutzungen

Wasserimmersions-Objektive haben dieselben Probleme wie andere Objektive auch: Sie verschmutzen. Doch sie haben auch Besonderheiten, da sie öfter durch die Beobachtung verschmutzen.

Mikroplastik, und andere kleine Staubpartikel sind lästige Begleiter, denn sie haben die Eigenschaft sich durch elektrostatische Wechselwirkung an jede Oberfläche zu haften. Und an den Linsen eines Mikroskops sind diese Partikel eben besonders störend. An den Rändern treten Beugungserscheinungen auf. Mikroskope haben einen besonderen optischen Strahlengang in denen ein kleines Staubkorn gerne großes optisches Unheil anrichten kann. An der Frontlinse stören die Staubteilchen insofern nicht, als sie in einer Fourier-Ebene der Optik zu finden sind, und daher bestenfalls einen Einfluss auf die Abbildungsschärfe haben. Doch kann ein milchig trübes Bild auch Hinweis sein auf ein besonders großes Staubteilchen an der Frontlinse des Objektivs.

Trockene Stäube gelangen nicht nur aus der Umgebung an das Objektiv. Eine Fehlerquelle ist mangelnde Sorgfalt beim Anfertigen des Präparats. Deckgläser sorglos aus der Box entnommen und ohne Reinigung auf das Präparat aufgebracht bringen auch das Risiko mit sich, dass genau dort wo ein interessantes Objekt gesehen wird, ein Staubteilchen auf dem Deckglas anhaftet und vom Objektiv beim Absuchen des Präparats mitgenommen wird. Insbesondere in der Fluoreszenz ist dies ein großes Ärgernis, denn Mikroplastik, Baumwollfasern und Zellulose, insbesondere mit optischen Aufhellern weiß gemacht, fluoreszieren besonders hell in schönen bunten Farben!

Biologische Verunreinigungen entstehen durch die Art der Beobachtung mit Wasserimmersions-Objektiven. Aber auch kleine Hautschüppchen des Beobachters und auch unbeabsichtigt aufgebrachte Fingerabdrücke können lästige Begleiter sein.

Deckglas und Objektträger

Sogenannte Tauchobjektive, sind Wasserimmersions-Objektive, welche für die Beobachtung ohne Deckglas konstruiert und eher für Zellkulturen gedacht sind, die am Boden eines Kulturglases oder einer Petrischale haften. Moderne Typen der Wasserimmersions-Objektiven für Life-Cell-Imaging, Konfokalmikroskopie oder Super-Resolution Imaging besitzen einen Korrektionsring zur Einstellung der Dicke des Deckglases, ähnlich der ursprünglichen Objektive, die einst von Hartnack um 1850 gebaut wurden. Diese Bauformen sind beispielsweise geeignet für (Plankton-) Proben unter Deckglas. 

 

Abbildung: Zwei moderne Wasser-Immersionsobjektive mit Einstellring zur Anpassung an Deckgläser mit unterschiedlicher Dicke. Neben der Möglichkeit verschiedene Dicken günstiger Deckglassorten zu justieren besitzen einige Objektive noch eine Temperaturkompensation für Temperaturen von 23°C (schwarz)  oder 37 °C (rot). Der letztgenannte Temperaturbereich ist gedacht für die Beobachtung von Zellkulturen (Körpertemperatur der Säugetiere).

Wenn man mit dem Wasserimmersion-Objektiv beobachtet, so ist die Immersion des Objektivs Pflicht. Ohne den Immersionstropfen ergeben die Objektive kein scharfes Bild. Es besteht sogar die Gefahr, dass man sie ohne Immersion beim Fokussieren in die vermeintlich vorhandene Schärfeebene versehentlich in das Deckglas rammt und beschädigt. Das Immergieren darf daher nicht vergessen werden. Immergiert wird stets mit "destilliertem", also demineralisiertem Wasser. Man kann es sich selbst herstellen mit speziellen Filtern und Entsalzern aus dem Aquaristikbedarf oder im Supermarkt kaufen. Eine andere Möglichkeit ist die Benutzung der Immersionsflüssigkeit des Herstellers.

Generelle Empfehlung beim Mikroskopieren

Beim Immersionsobjektiv wird (je nach Typ des Objektivs) ein Tropfen Wasser (oder Glyzerin) zwischen Objektiv und Deckglas eingebracht. Der Wassertropfen wird jedoch auch dazu führen, dass beim Absuchen des Präparats am Rand des Deckglases unmerklich und durch die Oberflächenspannung des Wassers eine Wasserbrücke zum Probenvolumen gebildet werden kann. Organismen des Planktons, Zellen oder Bakterien nutzen bei dieser Gelegenheit gerne den gebauten Umweg und siedeln sich auch im Immersionstropfen an. Meist bemerkt man dies, wenn die Organismen plötzlich eilig aus dem Bildfeld schwimmen, oder scharf abgebildet erscheinen während man längst das Präparat unter dem Objektiv herunter fährt. Zellen, Ciliaten und Amöben können nicht fliegen und das Beamen haben sie auch nicht erfunden. So manches große Trompetentierchen, das ich einzeln präpariert zu untersuchen hoffte, war auf diese Weise schon dem Präparat entkommen und plötzlich unauffindbar, weil es, über eine Wasserbrücke entkommen, fröhlich zwischen Deckglas und Objektiv herum schwamm. Letzteres, die Anhaftung von Biofilmen und dem salzhaltigen Medium ist eine typische Ursache regelmäßiger Verschmutzung beim Wasserimmersions-Objektiv.

Organische Materialien und insbesondere Zellen sowie gelöste Salze im Medium hinterlassen beim Antrocknen lästige Verschmutzungen. Proteine (Eiweiß), Zellplasma, Bakterien und andere Biofilme ergeben, wie in der Küche auch, Verschmutzungen, die einmal angetrocknet nicht mehr so leicht zu entfernen sind. Daher soll man stets vermeiden, den Immersiontropfen nach der Beobachtung am Objektiv hängen und eintrocknen zu lassen. Das Antrocknen führt zu hartnäckigen Verschmutzungen, die noch schlechter zu entfernen sind. Eine Reinigung des Objektivs spätestens zum Ende der Sitzung ist Pflicht! Insbesondere in Laboren, in denen man Zellen oder Planktonorganismen identifizieren möchte oder gar Zellen anschließend vereinzelt für die Kultur ist Sauberkeit oberstes Gebot. Zu Beginn und zum Ende der mikroskopischen Beobachtung werden die Objektive der Reihe nach abgenommen und einmal vorsichtig gereinigt, wie im Folgenden beschrieben.

Inspektion eines Wasserimmersions-Objektivs

Grundsätzlich beginne ich eine Beobachtung am Mikroskop damit, die Objektive der Reihe nach abzunehmen und zunächst mit einer Lupe 10-12x zu kontrollieren. Man kann hierfür auch ein Okular 10x verwenden, durch das man umgekehrt blickt, um die Frontlinse des Objektivs zu kontrollieren.

Zur Entnahme eines Objektivs dreht man dies mit einer Hand vorsichtig aus der Fassung und hält mit der zweiten Hand von unten dagegen, so dass das teure Objektiv nicht mit der Front auf den Mikroskoptisch herabfallen kann und beschädigt wird. Ich werde auf Treffen oft amüsiert gefragt, warum ich beim Mikroskopieren immer mit bunten Nitril-Handschuhen am Mikroskop sitze. Nun, ein wichtiger Grund ist die Vermeidung von Fingerabdrücken auf den Frontlinsen der Objektive bei der ständig erforderlichen Reinigung, denn eine Hand greift beim Abnehmen immer unter das Objektiv!

Man hält das Objektiv gegen eine diffuse Lichtquelle. Gut geeignet ist der Blick zum Fenster. Man blickt mit der Lupe flach über die Frontlinse gegen die Lichtquelle und betrachtet die nun flächig ausgeleuchtete Oberfläche der Linse. Erkennt man nun einen Schatten und wähnt ein Staubteilchen auf der Linse so prüft man zunächst, ob die Verschmutzung auf der Linse sitzt, oder nicht. Dazu dreht man das Objektiv vorsichtig in den Fingern gehalten um seine optische Achse. Dreht sich der "Schatten" mit, so ist eine Verschmutzung anzunehmen. Wandert der Schatten hingegen wenig, ändert er vor allem seine Orientierung nicht, so ist ein Lichtreflex anzunehmen. Schon oft habe ich einen Lichtreflex bei der Lupenkontrolle zunächst für eine Verschmutzung gehalten. Daher halte ich die Drehkontrolle als erste Überprüfung für wichtig und habe sie mir angewöhnt.

Trockene Verschmutzungen

Staubteilchen oder größere Fusseln sind mit der Lupe gut zu erkennen. Mikroplastik ist allgegenwärtig, aber auch Baumwollfasern, Zellulose von Haushaltspapieren und Pollenkörner sind beliebte Stäube in Haushalt und Labor. Diese Teilchen haften elektrostatisch an jeglichen Oberflächen. Man stellt das Objektiv mit der Frontlinse nach oben auf den Tisch und "kehrt" mit der Hand den Staub mit der Lupe und einem feinen Marderhaarpinsel von der Frontlinse. Dabei sollte man das Objektiv ein paar mal drehen, um sicher zu gehen, dass man wirklich Staub und keinen Lichtreflex vor sich hat. Manchmal muss man mehrfach kehren, bis der Staub restlos entfernt ist. Gelegentlich sollte man auch die rückwärtige Linse kontrollieren und ggf. mit einem sauberen Pinsel abkehren.

Feuchtreinigung mit Tüchern

Die einfachste Feuchtreinigung ist das Anhauchen und das anschließende trockene Abwischen des Objektivs mit einem trockenen Tuch und zu Beginn einer Beobachtung. Meist genügt es, das Anhauchen ein- bis zweimal durchzuführen um Anhaftungen oder Filme rückstandsfrei zu entfernen.

Gelegentlich hörte ich Amateure darüber berichten, dass sie ihre Optiken mit Spucke reinigen. Die Methode beruht auf der Annahme, dass Spucke Enzyme und andere Substanzen enthält, die Verschmutzungen lösen helfe. Ich möchte von dieser praktizierten Methode dringend abraten, denn die Reinigung des Wasserimmersions-Objektivs zielt darauf ab eventuell vorhandene Biofilme rückstandsfrei zu entfernen - und nicht einen weiteren Biofilm aufzutragen. So haben Biofilme die unangenehme Eigenschaft, dass ihre komplexen biochemischen Rückstände nach längerer Standzeit die Oberflächen angreifen und Optiken zerstören können.

Wasserreste sind ebenfalls leicht mit dem trockenen Tuch zu entfernen. Zwischen den Beobachtungen verschiedener Präparate genügt es, die Frontlinse der Wasserimmersions-Objektive mit einem Tuch einmal trocken abzuwischen. Man sollte den Immersionstropfen stets entfernen, bevor man ein neues Präparat unter das Mikroskop bringt, um ein Verschleppen von Verschmutzungen oder Organismen auf andere Präparate zu vermeiden. Hierzu dreht man den Objektivrevolver mit dem Objektiv so zur Seite, dass man die Frontlinse gut erreichen kann, oder fährt den Präparatetisch auf Distanz und führt das trockene Tuch oder Küchenkrepp um den Zeigefinger gewickelt einmal ohne großen Druck über die Frontlinse des Objektivs. Nun ist das Objektiv für das nächste Präparat vorbereitet. 

Ich bevorzuge die Reinigung mit Tüchern, weil sie schnell und effizient ist. Hier zu empfehlen sind mehrfach gewaschene, nicht fusselnde Baumwolltücher. Praktischer am Arbeitsplatz sind Papiertücher von der Küchenrolle. Man benötigt kein ganzes Tuch. Abgerissene Stücke eines ganzen Tuches, gerade groß genug, dass es um den Finger gewickelt werden kann, genügen um sparsam mit dieser nicht recycelbaren Resource umzugehen. Harte Reinigungspapiere oder nasse optische Reinigungspapiere (z.B. Brillenputztücher) sind zu meiden. Einige der getesteten, mit Reinigungslösungen getränkten optischen Papiere können Beläge oder Filme auf Fassung und Optik zurücklassen, die man nachreinigen muss. Daher kann man sich deren Anwendung sparen.

Gewalt beim Abreiben der Frontlinsen ist zu vermeiden! Ein geringer Druck ist gefordert, um die Frontlinse nicht zu verkratzen oder zerstören. Man wickelt ein Stück des Tuchs vorsichtig um den Zeigefinger und dreht das Objektiv vorsichtig mit einer kreisenden, halben Drehung um die Achse mit geringem Druck in das Tuch hinein, um einen Arbeitsvorgang des Abwischens zu erledigen. Fertig.

Ist man unsicher, kann man die beschriebene Reinigung mit dem Tuch an einem billigen, defekten oder ausrangierten Objektiv probieren und üben, das keinen besonderen Wert für die Beobachtung besitzt. Dabei kann man versuchen das Objektiv in eine Planktonprobe mit oberflächlichen Bakterien und/oder Algen zu tauchen und den Biofilm einige Tage trocknen zu lassen, um den Vollwaschgang zu simulieren. Es sei angemerkt, dass ich die hier beschriebene Methode schon seit Jahren nicht nur bei Wasserimmsersionen anwende, wobei noch nie ein Objektiv an der Front oder in der Vergütung beschädigt wurde. Mit Wasserimmersions-Objektiven wird man jedoch umso vorsichtiger umgehen, da sie sehr wertvoll sind. Um eine häufige Reinigung kommt man jedoch nicht umhin, weshalb sie eigentlich robust ausgeführt sind. 

Nassreinigung

Die Nassreinigung oder Vollreinigung ist erforderlich, wenn das Objektiv Kontakt mit dem Medium der Probe hatte oder Verschmutzungen gar schon angetrocknet sind. Regelmäßig sind die Objektive auf Rückstände an der Frontlinse zu kontrollieren.

Wie schon erwähnt, finden Zellen bei der Wasserimmersion oft und sehr gerne einen Weg zum Objektiv. Daher sollte man die Objektive am Ende der Beobachtung stets kontrollieren. Befindet man trüben Belag oder feine Organismen im Wassertropfen auf der Linse so kann man sich mit einem Trick der Mikrobiologen behelfen: Eine Reinigungslösung zum Auflösen organischer Zellmembranen kann man aus einem Detergens, z.B. Triton X-100, aber auch mit handelsüblichem Spülmittel herstellen (z.B. Pril), wobei explizit solche Spülmittel zu meiden sind, in denen Hautpflegemittel verarbeitet wurden. Ein Tropfen in 10 Milliliter Wasser eingerührt, genügt. Man taucht ein Stück Küchenkrepp oder ein nicht fusselndes Baumwolltuch hinein und benetzt die Oberfläche und Frontlinse des Objektivs ca. 10-30 Sekunden. Alternativ kann man auch einen winzigen Tropfen Spüli in das nass-feuchte Tuch verreiben und die Linse mit einer kurzen kreisenden Bewegung benetzen. Hernach wischt man das Spülmittel mit destilliertem Wasser zwei- bis dreimal ebenfalls mit kurzer kreisender Bewegung ab. Anschließend wird das Objektiv einmal kreisend trocken gewischt. Stets ist nur ein geringer Druck anzuwenden, um Fassung und Optik nicht zu beschädigen.

Sterilisierung

Auf mikroskopischer Skala führen Bakterien und Viren zu Erkrankungen verschiedener Art selbst bei Einzellern. Dieser Befund ist durch wissenschaftliche Publikationen über pathogene Infektionen von Ciliaten, anderen Protisten und Algen mit Bakterien und Viren untermauert. Virusinfektionen können gelegentlich in der Fluoreszenz als Färbung des Cytoplasmas sichtbar gemacht werden. Ich nannte es bei einem meiner Vorträge einmal scherzhaft "Parameciengrippe". Zur Sterilisierung von Wasserimmersions-Objektiven gibt man einen Tropfen Ethanol oder Isopropanol 70% in das um den Finger gewickelte Tuch, haucht das Objektiv an der Front kurz an und dreht das Objektiv mit der drehenden Bewegung in das Tuch um es für einige Sekunden so zu belassen. Anschließend lässt man den Alkohol abtrocknen und kontrolliert mit der Lupe.

Vollwaschprogramm

Gelegentlich passiert es doch einmal und man hat vergessen, die guten Objektive nach getaner Arbeit zu reinigen. Man findet erst nach Tagen oder Wochen auf der Frontlinse getrocknetes organisches Material, einen Biofilm, bunte ölige Filme, Schatten oder andere Reste. Guter Rat ist hier nicht teuer. Man verfährt zunächst wie unter vorigem Abschnitt, indem man versucht die Frontlinse zunächst mit einem Spülmittel 30-60 Sekunden zu benetzen. Es wird wiederum mit dest. Wasser zweimal nach gereinigt und trocken gerieben. Der nächste Reinigungsgang erfolgt mit Isopropanol 99%. Von vergälltem Alkohol aus dem Supermarkt ist abzuraten, denn diese Lösungen können ölige Filme oder weiße Beläge auf der Optik hinterlassen, die man nachreinigen muss. Nun wischt man in ein weiteres Mal vorsichtig mit einem Tropfen Reinigungsbenzin, auf das Tuch gegeben, nach. Es genügt die Qualität des "Feuerzeugbenzins" aus dem Supermarkt. Es folgt wiederum eine Reinigung mit Isopropanol. Anschließend wird mit dest. Wasser gereinigt. Zuletzt wird die Oberfläche wieder mit dem Tuch getrocknet. Man wartet kurz, bis Restfeuchte verdunstet ist, und kontrolliert mit der Lupe. Ist die Verschmutzung noch nicht ganz verschwunden, so genügt es in der Regel die Prozedur einmal zu wiederholen, mit dem Spülmittel beginnend.

Wattestäbchen

In manchen Herstellerprospekten wird die Reinigung mit Wattestäbchen empfohlen. Ich persönlich war mit dieser gut gemeinten Reinigungsmethode und den Ergebnissen bislang nicht zufrieden. Die von Watten immer wieder abgehenden Fusseln bringen einen schier zur Verzweiflung, bis man auch das letzte Fussel mit einer feinen Pinzette wieder aus der Fassung des Objektivs entfernt hat. Die Flusen hängen sich nicht nur an den Metallkanten der Objektivfassung fest, sondern haben offenbar auch die Eigenschaft gerne in der Umgebung des Objektivs herumzufliegen und sich immer wieder aufs Neue einzufinden. Diese langwierige Methode der Reinigung ist wohl nur geduldigen Naturen empfohlen und für den effizienten und praktischen Einsatz während der Beobachtung ungeeignet. Für eine eventuell erforderliche Reinigung der Rückwärtigen Linse im Tubus des Objektivs kann die Methode erfolgversprechend sein, um in die Fassung von Objektiven zu gelangen, deren rückwärtige Linsen tiefer gelegen sind. Eine feine Pinzette sollte man parat haben, um in eventuell der Fassung verbliebende Fusseln vorsichtig und unter Einsatz einer gut vergrößernden Kopflupe zu entfernen. Eine spitz zusammen gerollte Ecke eines stabilen Tuchs von der Küchenrolle kann eine einfachere Reinigung bieten. 

 

Abbildung: Casuarina sp., Auto-Fluoreszenz mit UV Licht (385 nm), Pflanzenschnitt in Wasser eingebettet. Detailaufnahme mit Objektiv LCI Plan-Neofluar 63x/1,3 Korr in Wasserimmersion. Sauberes Arbeiten vorausgesetzt, lassen sich mit der Wasserimmersion problemlos hohe Vergrößerungen realisieren.

 

Fazit

Gut und regelmäßig gereinigt schenken einem Wasserimmersion-Objektive die besten Bilder, die man in Planktonproben überhaupt erwarten kann. Dies ist bedingt durch die geniale Idee Wasserproben mit Wasser zu immergieren (um 1850). Die hier beschriebene Methode stellt eine praxisgerechte und optimierte Methode dar, um Objektive in der mikroskopischen Beobachtung rasch zu reinigen. Die typischen Verunreinigungen, wie Biofilme, Fusseln oder Hautschüppchen sind sprichwörtlich im Handumdrehen beseitigt. Die Reinigungsmethode hat sich über die Jahre insbesondere bei meinen Wasserimmersions-Objektiven bewährt. Hat man sich den drehenden Handgriff zur Reinigung einmal angewöhnt, ist er in Fleisch und Blut übergegangen, gerät die Beobachtung mit dem Wasserimmersions-Objektiv zur Freude.

In der Regel genügt die Reinigung durch Anhauchen und umsichtiges Hineindrehen des Objektivs in das um den Finger gewickelte, trockene Tuch. Dieser Arbeitsgang ist zwischen den Proben und zum Abschluss der mikroskopischen Beobachtung der schnellste und einfachste. Nach Abschluss der mikroskopischen Beobachtung empfiehlt es sich, das Objektiv mit der Lupe zu kontrollieren, ob eine aufwändigere Reinigung erforderlich ist. Das "Vollwaschprogramm" ist die ultimative Methode für den selten anzunehmenden Fall angetrockneter Biofilme, oder auch um eine verschmutzte Neuerwerbung aus unbekannter Quelle wieder auf Vordermann zu bekommen.

Die hier beschriebene Reinigung für den Worst Case hartnäckiger Biofilme ist durch die kurze Verweildauer und die geringen Mengen von Reinigungsflüssigkeiten sicherlich als unschädlich für die optische Verkittung anzunehmen, da die geringen Mengen und Rückstände der verwendeten Lösemittel Isopropanol und Benzin rasch verdunsten. Zudem sind diese Objektive oft auch als Multi-Immersions-Objektive ausgeführt (z.B. LCI Plan-Neofluare und LCI Plan-Apochromat) und so konstruiert und abgedichtet, dass sie diese Prozedur unbedingt ertragen können, denn die rückstandsfreie Entfernung von Ölen von den Frontlinsen erfordert ohnehin die Verwendung von Lösemitteln. Für Objektive der einzelnen Hersteller, andere Objektivkonstruktionen und Verkittungen sind unter Umständen jedoch verschiedene Reinigungsmittel empfohlen. Hierfür sind ggf. die jeweiligen Empfehlungen der Hersteller zu beachten.

Vorsichtigen Naturen sei empfohlen, eine Reinigung hartnäckiger Verschmutzungen gegebenenfalls dem Fachmann zu überlassen. Die genannten Optiken zu ersetzen, ist ein teurer Spaß. In den wissenschaftlichen Laboren ist es ohnehin geschultem Personal nach vorheriger Einweisung vorbehalten, solche Mikroskopie und Objektive zu verwenden, oder sich um die Wartung und Reinigung der Optiken zu kümmern. Der nicht eingearbeitete Laie kann an einem solchen Mikroskop teures Kapital vernichten. Die Institute haben daher ihre eigenen Richtlinien zur Schulung, Verwendung und Säuberung der Optiken, welche oft vom Hersteller vorgeschrieben sind. Wer es dennoch versuchen möchte, dem empfehle ich zu Beginn mit einem alten ausrangierten Objektiv zu üben. Die Routine wird sich bald einstellen.

Disclaimer

Der Autor erklärt, dass die Verwendung der hier beschriebene Reinigungsprozedur nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert und experimentell überprüft wurde. Die Verwendung der Reinigungsmethode erfolgt auf eigene Gefahr. Eine Übernahme jeglicher Haftung, Gewährleistung oder Rückerstattung im Falle einer Beschädigung durch den Verwender dieser Anleitung, gleich ob sie befolgt wurde oder nicht, ist ausgeschlossen.

Literatur

Zölffel, M. Das saubere Mikroskop. Carl Zeiss MicroImaging GmbH.

Ockenga, W. How to Clean Microscope Optics. Leica Weblink.

Ogama, T. Mikroskop reinigen und sterilisieren. Olympus Weblink.

 

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