Steckbrief

Die Dileptiden bilden eine Ordnung innerhalb der Wimpertiere mit sechs verschiedenen Gattungen: Dileptus, Apodileptus, Monilicaryon, Pseudomonilicaryon, Paradileptus und Pelagodileptus. Die Gattung Monilicaryon beinhaltet innerhalb der Dileptiden derzeit nur eine Art: Monilicaryon monilatum. Monilicaryon monilatum (Stokes, 1886) ist ein recht großer Ciliat, der typischer Weise bis zu 1 mm lang werden kann. Taxonomisch erfährt der Artname in der jüngeren Literatur eine Modifikation. Für diese Artbeschreibung verwende ich den später verwendeten Namen Monilicaryon monilatum (Vdacny & Foissner, 2012); Monilicaryon monilatus ist ein früher verwendetes Synonym (Stokes, 1886, Foissner et al., 1995).

Die hier vorgestellte Population wurde heuer (Juni, 2022) nahe dem Pillersee bei Waidring in Tirol in einem Kiesbett eines Bachlaufs gefunden. Hier jagt Monilicaryon monilatum zwischen den Kieseln Rädertiere, kleine Ciliaten oder weidet kleine Grünalgen und Bakterien von der Oberfläche des Probenglases ab. Foissner (1995) schreibt, dass der Ciliat gelegentlich auch größere Kieselalgen frisst. Die von mir gefundenen Exemplare waren zwischen 500 und 800 µm lang. Das hier abgebildete Exemplar wies eine Körperlänge von 670 µm auf. Verschieden große Extrusome werden offenbar im Körper gebildet und unter der Pellicula eingelagert. Diese können ausgeschleudert werden und dienen wohl der Abwehr oder/und dem Erlegen der Beute.

Die Beobachtung verschiedener Arten innerhalb der Dileptiden ist mit einer besonders kuriosen Schwierigkeit verbunden, denn die Arten mögen kein grelles Mikroskopierlicht. Die Individuen werfen bei zu intensiver Beleuchtung nach einer Weile gerne den Vorderteil des Kopfes nahe dem Mundfeld ab, gelegentlich auch mitsamt des die Mundöffnung tragenden Teils des Kopfendes. Sie schwimmen dann ohne zu versterben ohne Kopfende, gewissermaßen kopflos, weiter. Dies erschwert längere Beobachtungen und Abbildungen des Mundfelds mit der Mikrofotografie und insbesondere auch längere Beobachtungen in Fluoreszenz. Verbringt man das mikroskopische Präparat über Nacht in eine feuchte Kammer, so konnte ich immer wieder beobachten, dass die Individuen spätestens am Folgetag das fehlende Kopfende bis zur vollen Körperlänge vollständig regenerieren, so dass ich zuvor unterbrochene Beobachtungen stets fortführen konnte. Dieses eigenartige Phänomen lässt sich immer wieder an ähnlichen Arten innerhalb der Ordnung der Dileptiden beobachten.

Hier kann der Beitrag diskutiert werden.

 

Legende

CV: Kontraktile Vakuole
Ex: Extrusom
OO: Mundöffnung
PB: Schlundröhre (engl. pharyngal basket)
Ph: Phagosom (Nahrungsvakuole)

 

Literatur

  • Vdacny, P., Foissner, W., 2012: Monograph of the dileptids. Denisia, 31: 1–529.
  • Foissner, W., et al. 1995: Taxonomische und ökologische Revision der Ciliaten des Saprobiensystems. Informationsberichte des Bayer. Landesamts für Wasserwirtschaft.
  • Bauer T. Fluoreszenz-Doppelfärbung mit Hoechst 33342 und Acridinorange zur Bestimmung der Arten von Ciliaten (Phylum: Ciliophora). Mikroskopie. 2019; 1: 2-19.

 

Abbildung 1: Monilicaryon monilatum, einzelnes Individuum bei geringer Vergrößerung (Objektiv 10x). Der lange Kopfbereich vor dem Zellmund (OO) ist in permanenter Bewegung und sucht unentwegt nach Nahrung. Während der schwimmenden Fortbewegung übernimmt die rüsselartige Verlängerung auch eine richtungssteuernde Funktion, wobei der Rüssel wie ein Propeller rotiert.

 

Abbildung 2: Monilicaryion monilatum besitzt auf der dorsalen Seite eine Reihe kontraktiler Vakuolen, die ein charakteristisches Artmerkmal sind. Das abgebildete Exemplar hatte nach längerer Beobachtung bereits einen Teil seines vorderen Kopfendes abgeworfen, so dass der "Rüssel" hier nun verkürzt erscheint. Der Zellmund (OO, rechts oben) sowie Extrusome (Ex) an der Bauchseite des Kopfbereichs sind gut erkennbar. Die kontraktilen Vakuolen (CV) liegen im Bild unten. Viele gefüllte Phagosome (Nahrungsvakuolen, Ph) zeichnen dieses gut genährte Exemplar aus. In der Kopfregion wechseln längere Extrusome, die in anderen Regionen des Körpers eingelagerten kürzeren Extrusome ab. Diese unterschiedlich langen Extrusome haben vermutlich unterschiedliche Funktion (Feindabwehr, Erlegen der Beute).

 

Abbildung 3: Seitliche Betrachtung der Mundöffnung (OO) mit dem Mundwulst und dem relativ kurzen Schlund (PB).

 

Abbildung 4: Aufsicht auf die Mundöffnung. Der Mundwulst und zahlreiche kleine Vesikel in der Mundwulst sind gut erkennbar. Solche kleinen runden Vesikel beinhalten bei vielen Ciliaten Nahrungsenzyme, die von der Zelle in die Regionen der Mundöffnung und den im inneren gebildeten Phagosomen transportiert werden und sich in die abgeschnürten Phagosome entleeren. In diesen wird die Nahrung enzymatisch verdaut. Vor dem Zellmund befindet sich eine einreihige Wimpernreihe, deren Basalkörper hier in der Abbildung als "Naht" zum linken Bildrand hin verlaufend sichtbar ist. 

 

Abbildung 5: Die Fluoreszenzaufnahme mittels Doppelfärbung mit Hoechst 33342 und Acridinorange (Bauer, 2019). Blau gefärbt erscheinen die beiden Typen der Zellkerne, grün gefärbt erscheinen gefüllte (saure) Nahrungsvakuolen (Ph). In einigen Nahrungsvakuolen (Ph*) sind Reste einer roten Autofluoreszenz von Chlorophyll zu sehen. Offenbar verschmäht der Jäger auch kleine Algen nicht als Beute. Der blau gefärbte somatische Großkern (Ma) zeigt die art-typische, moniliforme Struktur der als Kette angeordneten, unregelmäßig geformten DNA Pakete. Zahlreiche Micronuclei (Mi) sind lose in der Zelle verteilt. Anordnung und Anzahl der Kernfragmente sind eindeutige Bestimmungsmerkmale dieser Art. Der Zellkern ist bei solch gut genährten Exemplaren gewöhnlich nicht gut mit einem einfachen Lichtmikroskop zu erkennen.

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